Internes Recruiting als Erfolgsfaktor

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Employer Branding

Internes Recruiting ist für viele Recruitingverantwortliche noch nicht das erste Mittel der Wahl. Natürlich müssen in vielen Unternehmen Positionen zuerst intern ausgeschrieben werden, aber es ist sehr oft eher Pflicht als Kür. Internes Recruiting bietet aber sehr viele Vorteile, sofern es richtig gemacht wird.


Ich war vor kurzem in eine Diskussion involviert, bei der es darum ging, ob ein Kind krank in den Kindergarten geschickt werden darf. Eine der anwesenden Frauen meinte, dass sie gar keine andere Wahl hat – sie muss ihr Kind krank in den Kindergarten schicken, weil ihr Arbeitgeber dafür kein Verständnis hat, und wenn sie deshalb nicht erscheint, dann wird ihr ganz sicher gekündigt. Zuerst dachte ich daran, dass die Menschen, denen aus welchem Grund auch immer gekündigt wird, hoffentlich sehr bald wieder einen neuen Job finden, denn es gibt viel mehr ausgeschriebene Positionen als Jobsuchende. Vor allem aber hat es mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, warum ein Arbeitgeber lieber eine schon bestehende Mitarbeiterin verliert und sich die Mühe macht, Bewerbungsgespräche zu führen, bevor hier Verständnis gezeigt oder sogar Unterstützung geboten wird. Ich bin überzeugt, eine Mitarbeiterin, die in einer solchen Situation nicht nur Verständnis sondern vielleicht sogar eine Lösung erhält, denkt so bald nicht über einen Jobwechsel nach.

 

Aber es herrscht immer noch das Bild in unseren Köpfen, auch krank zur Arbeit zu kommen, um zu zeigen, wie unersetzlich wir sind. Es gibt leider keinen halben Krankenstand, auch wenn damit wohl vielen geholfen wäre. Doch die österreichische Gesetzgebung orientiert sich großteils immer noch an einer Zeit, der wir längst entwachsen sind. Die Gesellschaft hat sich verändert, die Technologie hat sich verändert und die Arbeit an sich hat sich natürlich auch verändert. Das bedeutet, es gibt mittlerweile viel mehr Funktionen, wo es kein Problem wäre, zumindest einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Mittlerweile finden sich viele Positionen in Österreich, die nicht zu 100 % vor Ort ausgeübt werden müssen. Sucht man im eJob-Room des AMS nach Jobs mit Homeoffice-Möglichkeit, erhält man 728 Treffer (Stand 2. April). Vor allem sogenannte Wissensarbeiterinnen, die einen Bürojob haben, können schon viele Aufgaben ortsunabhängig erledigen. Ich mag aber den Begriff Homeoffice nicht unbedingt, denn eigentlich geht es darum, dass man flexibel arbeiten kann: in der Wahl der Arbeitszeit und auch des Orts. Wenn das gegeben ist, dann kann man auch mal leichter daheim beim kranken Kind bleiben oder muss im Krankheitsfall nicht unbedingt alle Kolleginnen im Büro anstecken.

Oft sitzt die optimale Stellenbesetzung bereits ein Zimmer weiter
Das bedeutet, bevor ich mir im Recruiting besonders viel Mühe gebe und neue Mitarbeiterinnen einstelle, ist es in jedem Fall sinnvoll, sich zuerst im Unternehmen umzuschauen und sich zu fragen:

  • Wie geht es eigentlich meinen schon bestehenden Teammitgliedern?
  • Wie gehen wir mit Situationen um, wenn jemand eine längere Auszeit braucht oder möchte? Ist das grundsätzlich möglich oder sagen wir gleich „Nein, auf keinen Fall“?
  • Wie geht es uns, wenn wir erfahren, dass eine Mitarbeiterin schwanger ist? Steht die Freude an erster Stelle oder geht’s in die Richtung „Oh mein Gott, jetzt müssen wir wieder jemanden suchen“?
  • Und vor allem: Wie gehen wir damit um, wenn sich intern jemand verändern möchte? Suchen wir nach Möglichkeiten, dies zu vermeiden oder suchen wir nach Möglichkeiten, dies zu verwirklichen? Sieht unser Recruitingprozess für interne Mitarbeiterinnen gleich aus wie für externe?

Ich habe vor kurzem gehört: „Bei uns können sich alle auch intern bewerben, der Auswahlprozess ist aber genau gleich.“ Das ist doch nicht sinnvoll. Ich kenne doch (hoffentlich) meine Mitarbeiterinnen und kann daher noch viel besser einschätzen, wie gut der Aufgabenbereich, um den es geht, zu jemandem passt. Übrigens: Könnten Sie auf diese Fragen eine Antwort geben, wenn sie eine Bewerberin im Kennenlerngespräch stellt? Und wenn ja, wie würden diese ausfallen?

[bctt tweet=“Dass sich Menschen auch einmal verändern wollen, soll vorkommen. Wäre es dann nicht besser, sie verändern sich im Unternehmen und das erworbene Know-how bleibt ebenfalls da?“ username=“lorber_claudia“]Ich meine, man könnte sogar noch einen Schritt weitergehen und den Spieß mal umdrehen: Jobcrafting ausprobieren zum Beispiel. Ich kenne einen Fall, wo ein Mitarbeiter nach mehreren Jahren in der Buchhaltung in das Marketing gewechselt hat – und sehr glücklich über die Möglichkeit zum Jobwechsel war, die er vermutlich in einem anderen Unternehmen nicht so schnell bekommen hätte. Wie geht es Ihnen mit dem Thema interne Bewerbungen?

Herzliche Grüße
Claudia

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