Guerilla Recruiting

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Recruitingpraxis

Was bedeutet Guerilla Recruiting? Woher kommt der Begriff und was brauchst du dazu? Bei meinem ersten Besuch eines Recruiting BarCamps habe ich eine Session dazu abgehalten. Heute erläutere ich dir, was dahintersteckt und dafür habe ich zahlreiche Beispiele mitgebracht.

Hinweis: Dieser Blogbeitrag erschien zuerst in der Printausgabe des Magazins brutkasten. 

Was ist Guerilla-Recruiting?

Eine Stelle wurde freigegeben, du darfst eine neue Mitarbeiterin einstellen. Kurz überlegst du, welche Qualifikation wünschenswert isterstellst und veröffentlichst ein Online-Inserat. Und dann hoffst du, dass sich die richtige Bewerberin meldet. Funktioniert tatsächlich ab und zu, aber wenn du ein wenig mehr Zeit (und nicht unbedingt Geld) investierst, kann es sein, dass deine Recruiting-Aktion wesentlich besser läuft. Und du dich außerdem als interessante Arbeitgeberin präsentieren kannst.

Das hat zum Beispiel bei der 1-Cent-Buchhaltung-Recruiting-Aktion wunderbar geklappt: Dabei wurde auf Konten von unterschiedlichen Unternehmen jeweils 1 Cent überwiesen. Die aufmerksamen Buchhalterinnen, die diese Buchung bemerkt und dem Zahlungsbeleg nachgegangen sind, fanden darauf die Botschaft: Wir suchen genaue Buchhalterinnen. Jene, die sich daraufhin gemeldet haben, erhielten ein Jobangebot. Diese Taktik nennt man auch Guerilla-Recruiting. 

Frau ruft "Überraschung"

Charakteristika des Guerilla-Recruitings

Guerilla-Recruiting ist eine Maßnahme, die aus dem Marketing übernommen wurde. Die ursprüngliche Idee hatte allerdings etwas mit dem Militär zu tun: Der Begriff Guerilla leitet sich von einer speziellen Art der Kriegsführung ab, bei der untypische Taktiken zur Zielerreichung im Hinterland des Gegners angewendet werden. Im Marketing geht es darum, mit nur geringem Einsatz von Mitteln eine große Wirkung zu erzielen. Du möchtest die Info lieber hören? Das kannst du hier auf meinem YouTube-Kanal Recruiting TV.

Eine Guerilla-Recruiting-Aktion zeichnet sich durch folgende drei Elemente aus:  

  • Eine sehr detaillierte Auseinandersetzung mit der Zielgruppe und eine Antwort auf die Frage, wie wir diese auf uns aufmerksam machen können.  
  • Geringer Einsatz von Mitteln, da die Kosten für das „Inserat“ de facto nicht mehr als ein paar Euro ausmachen.  
  • Der Überraschungseffekt, da die Personen sicher nicht mit einem Jobangebot gerechnet haben.  

Diverse Beispiele 

So brachte ein deutscher Autokonzern PKWs in verschiedene Werkstätten der Konkurrenz. Auf der Unterseite der Autos war eine Botschaft angebracht: Wir suchen Mitarbeiterinnen!“ Ikea Australien versteckte hingegen Job-Beschreibungen in Möbelpackungen und erreichte so tausende Menschen. Und nach dem Friseurbesuch erhalten Kundinnen einer Drogeriekette ein Geschenk. Darin verpackt auch die Info, dass gerade Personal gesucht wird.  

Auf eine ungewöhnliche Vorgehensweise setzte auch die Polizei und kooperierte mit einer Wiener Bäckerei. Polizistinnen lieben bekanntlich Kaffee und Donuts. Da kann man ein Jobangebot schon mal auf einen Kaffeebecher drucken. Und bei einem Recruiting-Event sind wiederum zwei Recruiting-Verantwortliche mit T-Shirts aufgetaucht, auf denen zu lesen war, dass sie auf der Suche nach neuen Kolleginnen sind.  

Kommen die Bewerberinnen nicht zu uns, kommen wir eben zu ihnen. So dachte auch das Recruiting-Team einer Wiener Bäckerei und veranstaltete sogenannte Recruiting Popups – einmal auf dem Wiener Hauptbahnhof und einmal im Freibad. Mit gemischtem Erfolg: Am Hauptbahnhof hat es recht gut geklappt, im Bikini bewerben, ist allerdings offenbar nicht jederfraus Sache.

In eine ähnliche Richtung geht die Maßnahme eines Unternehmens in Oberösterreich, die für die Lehrlingssuche an einem Samstag ein Einkaufszentrum gebrandet haben. Plakate, Mitarbeiterinnen mit entsprechenden T-Shirts (auch mit dem Aufdruck, dass Lehrlinge gesucht werden), Tischfußball-Station und einiges mehr hat man sich einfallen lassen, damit die Aufmerksamkeit und in weiterer Folge das Interesse geweckt werden. 

Diese Maßnahmen enthalten alle Punkte, die eine Guerilla-Recruiting-Aktion ausmachenDer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. 

Kreatives Denken: Wie gelingt das?

Wie kommt man nun zu solchen Ideen? Im Idealfall werden sie in einem Workshop zum Beispiel mit Design Thinking Elementen erarbeitet. Mit dabei ist in jedem Fall die Zielgruppe selbst. Soll also eine Maßnahme für die Lehrlingssuche erarbeitet werden, dann sind bestehende oder ehemalige Lehrlinge mit dabei. Alternativ kann man natürlich eine Agentur beauftragen und sowohl die Ideenfindung als auch die Umsetzung outsourcen. 

Je nach geplanter Aktion kann die Vorbereitung einige Zeit in Anspruch nehmen, es sollte also zeitgerecht mit der Ideenfindung begonnen werden. Schön, wenn man es schafft, das eigene Angebot in Einklang mit dem Job zu bringen.  

Das ist zum Beispiel dem Glaser Sterz aus Deutschland auf Facebook gelungen. In einem kurzen Video hört und sieht man zu Beginn, wie er eine Glasscheibe zerschmettert. Dann erzählt der Eigentümer des Unternehmens und potenzielle Chef, was er sich von seinen Azubis erwartet. Nach zuvor mehreren Monaten ohne eine einzige Bewerbung hat ihm diese Aktion zwar nicht unzählige, aber doch ausreichend Bewerbungen eingebracht, um zwei Azubis einzustellen. Ein voller Erfolg! 

Guerilla Recruiting: Nicht immer passend!

Manchmal sind die Einfälle aber auch hart an der Grenze des guten Geschmacks und auch mal – zumindest für einen Teil der Zielgruppe – gar nicht passend. So gab es ein Chiffre-Inserat, in dem ein Unternehmer einen „freundlichen Drachen/Chefsekretärin“ gesucht hat. Dies hat sehr viele Frauen dazu bewogen, auf Facebook Stellung zu nehmen. Die einen fanden das witzig, einmal etwas anderes, ehrlich. Die anderen völlig daneben, sexistisch und altmodisch. Was in jedem Fall gut funktioniert hat, war die Vorselektion. Eine Person, die mit dieser Art von Humor nicht zurechtkommt, wird wohl auch mit dem Chef nicht zurechtkommen Guerilla Recruiting-Kampagnen können und müssen nicht immer allen gefallen.  

Achtung!

Je nachdem, wie deine Recruiting-Kampagne aufgebaut ist, vergiss nicht zu überprüfen, wie die sogenannte Candidate Journey verläuft. So bringt es wenig, in kreative und extra für die Zielgruppe entworfene Ads für ITPersonal zu investieren, wenn diese dann am Ende auf einem Bewerbungsformular landen, in dem sie unzählige Felder manuell ausfüllen müssen.  

Richtig umgesetzt kann Guerilla Recruiting dafür sorgen, dass Recruiting wieder einfach wird.

Herzliche Grüße 
Claudia

P.S.: Wenn dir Guerilla Recruiting gefällt, dann wirst du Growth Hacking im Recruiting lieben 🖤 – hier gibt es Infos dazu.