Darf ich Bewerber:innen googeln? Antworten zum Arbeitsrecht im Personalwesen und Recruiting  

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Recruitingpraxis

Darf ich Bewerber:innen googeln? Diese Frage taucht in den Workshops zu Active Sourcing und Recruiting genauso regelmäßig auf, wie die Frage, ob Bewerbungen per E-Mail datenschutzkonform sind. Ich habe gemeinsam mit der Rechtsanwältin und Arbeitsrechtsexpertin Judith Morgenstern von MOSA Rechtsanwälte Antworten auf die 15 häufigsten Fragen zum Thema „Arbeitsrecht im Personalwesen und Recruiting“ für dich zusammengefasst.  

Darf ich Bewerber:innen googeln?  

Kurze Antwort: Ja.  

Aber du musst das (aus datenschutzrechtlichen Gründen) vor Beginn des Bewerbungsgespräches offenlegen. 

Darf ich auf Facebook nach Bewerber:innen suchen?  

Kurze Antwort: Nein. 

Facebook ist eine Social Media Plattform, die nicht auf Businesszwecke ausgerichtet ist, sondern auf private. 

Darf ich ein Bewerber:innen-Screening durchführen (lassen)? 

Kurze Antwort: Ja.  

Aber laut Arbeitsrecht müssen Recruitingverantwortliche das offenlegen. Wieso? Weil Bewerber:innen ihre Einwilligung geben müssen, wenn nicht nur öffentliche Quellen genutzt werden. 

Darf ich Referenzen von ehemaligen Arbeitgeber:innen einholen? 

Kurze Antwort: Grundsätzlich ja.   

Allerdings müssen laut Arbeitsrecht für HR und Personalwesen ehemalige Arbeitgeber:innen darauf antworten: „Ich darf keine Auskunft geben.“ Deshalb macht es Sinn, Bewerber:innen zu fragen, welche Vordienstgeber:innen kontaktiert werden dürfen. Dann können diese eine differenzierte Auskunft über die Bewerber:in erteilen. Wenn die Information über die Bewerber:in allerdings negativ ausfallen würde, sollte die Vordienstgeber:in die Auskunft zur Gänze verweigern.  

Darf ich Bewerbungen, die per E-Mail übermittelt werden, annehmen? 

Kurze Antwort: Ja.   

Wenn du die Daten allerdings in ein Tool übernehmen und dort abspeichern möchtest (egal ob in ein Bewerbungsmanagementsystem oder in eine Excel Tabelle) musst du deine Bewerber:innen darüber informieren.  

Ist es in Ordnung, Bewerbungen nur dann zu bearbeiten, wenn die Bewerber:innen die Zustimmung dazu geben, dass die Daten länger als gesetzlich vorgesehen gespeichert oder an andere Konzerngesellschaften weitergeleitet werden dürfen? 

Kurze Antwort: Nein.  

Es handelt sich hierbei nämlich um ein Kopplungsverbot.  

HINWEIS: Die Daten von Bewerber:innen solltest du in jedem Fall sieben Monate speichern, um allfällige Diskriminierungsansprüche abwehren zu können. 

Darf ich jemanden aus einem anderen Unternehmen abwerben? 

Kurze Antwort: Ja.  

Laut Arbeitsrecht darfst du im Personalwesen und Recruiting potenzielle Bewerber:innen anrufen und ihnen einen Job anbieten. Du darfst auch kommunizieren, wie dein Angebot aussieht. Also zum Beispiel höheres Gehalt, mehr Verantwortung usw. Allerdings darfst du aktuelle Arbeitgeber:innen der Bewerber:innen nicht „schlecht machen“ oder diskreditieren. Das wäre eine sittenwidrige Abwerbung und die ist verboten. 

Darf ich die Konventionalstrafe wegen Verletzung einer Konkurrenzklausel von ehemaligen Arbeitgeber:innen übernehmen?  

Kurze Antwort: Ja.   

Dazu gibt es ein entsprechendes Urteil vom Obersten Gerichtshof in Österreich. Die Zahlung für die Konventionalstrafe kann z. B. in Form einer Prämie übernommen werden. 

Darf ich im Kennenlerngespräch nach der Familienplanung fragen?  

Kurze Antwort: Nein.   

Extra-Tipp: Wie kannst du das möglicherweise trotzdem herausfinden? Indem du dir überlegst, was genau du eigentlich wissen möchtest und dementsprechend fragst. Zum Beispiel: Sind Sie in der Lage regelmäßig Dienstreisen im Ausmaß von 50 Prozent Ihrer Arbeitszeit zu übernehmen? Können Sie Überstunden leisten

Achtung: Auch wenn dir die Antwort nicht gefällt, muss die Absage diskriminierungsfrei gestaltet sein. 

Darf ich vom Dienstvertrag zurücktreten, wenn eine Bewerberin schwanger ist? 

Kurze Antwort: Nein.  

In diesem Fall gilt im Arbeitsrecht für HR und Personalwesen dasselbe wie beim Probemonat: Der Rücktritt vom Dienstvertrag oder die Beendigung während des Probemonats wegen Schwangerschaft sind diskriminierend und daher unzulässig. 
 

Was kann ich tun, wenn neue Mitarbeiter:innen am ersten Arbeitstag ohne Verhinderungsgrund nicht erscheinen? 

Kurze Antwort: Nichts.  

Dem Mitarbeitenden sollte aber jedenfalls ein Brief geschrieben werden, dass er/sie den Dienst nicht angetreten hat und Arbeitgeber:innen daher annehmen, dass er/sie vom Dienstvertrag zurückgetreten ist. Weiters sollte formuliert werden, dass, sollte diese Annahme falsch sein, die Kündigung in der Probezeit erfolge. 

In Österreich gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Probezeit. Diese muss immer vereinbart werden (einzelne Kollektivverträge sehen Ausnahmen vor).  

Dürfen Mitarbeiter:innen auf Social Media posten was sie wollen?  

Kurze Antwort: Nein.  

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Insbesondere wenn – etwa auf dem privaten Facebook-Profil – ersichtlich ist, wer die Arbeitgeber:in ist. Ein Posting, das den Ruf deines Unternehmens schädigt, kann Arbeitgeber:innen auch zur Entlassung berechtigen. Dafür gibt es bereits mehrere Beispiele, auch in Österreich.  

Extra-Tipp: Erstelle eine Social Media Guideline, nimm zu den Dos and Don’ts auch rechtliche Aspekte auf, am besten mit konkreten Beispielen. 

Kann ich auf kununu Beiträge löschen lassen?  

Kurze Antwort: Ja.  

Kritikschädigende Behauptungen sind strafbar. Betreiber:innen von Online Plattformen sind verpflichtet, strafrechtlich relevante Beträge zu löschen. Zum Beispiel wird in einer Bewertung ausgesagt: „In diesem Unternehmen werden Frauen diskriminiert!“. Damit diese Behauptung veröffentlicht bleiben darf, ist es notwendig, einen Beweis zu erbringen. 

Kann ich Mitarbeiter:innen dazu verpflichten, auf Social Media positiv über das Unternehmen zu schreiben?  

Kurze Antwort: Nein.   

Wenn dein Job allerdings Social Media Management oder vielleicht auch Social Media Recruiting ist und es in deiner Jobdescription festgehalten ist, dann schon. 

Sind ehemalige Mitarbeiter:innen verpflichtet, in Profilen von Social Media Businessplattformen über einen Arbeitsplatzwechsel zu informieren?  

Kurze Antwort: Ja.  

Diese Information solltest du ebenfalls in die Social Media Guideline aufnehmen. 

Auf Recruiting TV verrate ich dir in einem Video, wie du Social Media Recruiting und Datenschutz ganz einfach unser einen Hut bringst.

Mein Fazit zum Arbeitsrecht für Recruitingverantwortliche

Dies ist schon der zweite Blogbeitrag, den ich in Zusammenarbeit mit Judith für dich geschrieben habe. Im ersten haben wir drei Rechtstipps speziell für Social Media Recruiting für dich zusammengestellt. 

Du darfst Bewerber:innen googeln und auch einiges mehr, aber halte dich bitte stets an die Rahmenbedingungen des Arbeitsrechts im Personalwesen und Recruiting. Damit Recruiting wieder einfach für dich wird. 

Herzliche Grüße 

Claudia 

P.S.: In der Recruiting Insider Community hast du jederzeit Zugriff auf die Aufzeichnung vom Online-Workshop Rechtsfragen im Recruiting!